Wer hat’s erfunden? Die Neapolitaner! Hast Du’s gewusst? Pizza aus Neapel ist so gut, dass die traditionelle Herstellungsart von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt wurde! Das kulturelle Erbe der neapolitanischen Pizza-Bäcker, das über Generationen überliefert wurde, hat damit endlich seine längst überfällige Anerkennung erlangt. Als am 7. Dezember 2017 das Ergebnis des UNESCO-Komitees bekannt gegeben wurde, feierten die Bewohner Neapels ausgelassen mit gratis Pizza in den Straßen ihrer Stadt. Zwei Millionen Menschen hatten die Petition mit ihrer Unterschrift unterstützt. Und das zurecht: Die Pizzaiuoli Neapels wenden ein spezielles Verfahren an, das die neapolitanische Pizza einmalig macht. Doch was ist das Geheimnis dieser Pizza-Backkunst? Schauen wir es uns an!
Die erste Pizza
Die erste neapolitanische Pizza soll im Jahr 1889 in der Backstube des Pizza-Meisters Raffaele Esposito gebacken worden sein. Die neuartige Köstlichkeit bereitete dieser zu Ehren der Königin Margarethe von Italien zu, die von 1878 bis 1900 als Gemahlin von Umbertos I über Italien herrschte. Es dauerte noch rund vierzig Jahre, bis die Pizza in Italien so richtig beliebt wurde. Doch danach gab es kein Halten mehr: Pizzerien eröffneten in allen Ecken des Landes. Heute sind allein in Neapel 3.000 Pizzaiuoli, die Künstler hinter der italienischsten aller Pizzen, tätig.
Das Erlernen einer Kunst
Die Neapolitaner nehmen ihre Pizza ernst: Das Handwerk des Pizza-Backens wird in Kursen der Neapolitanischen Vereinigung der Pizzaiuoli und in speziellen Akademien an die jüngere Generation weitergegeben. Die präzise Anwendung dieses Wissens lernt ein Pizzaiuoli-Lehrling jedoch nur in einer Bottega, der Pizza-Werkstatt, in der er den Meister bei der sorgfältigen Ausführung der verschiedenen Schritte beobachten und nachahmen kann.
Die Regeln der Pizza Napoletana
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Die Pizza-Herstellung ist für einen echten Pizzaiuolo ein Kunsthandwerk. Kein Schritt darf ausgelassen werden. Im Jahr 1984 wurden die Regeln zur Herstellung einer echten neapolitanischen Pizza offiziell vereinheitlicht und international geltend gemacht. Die Associazione Verace Pizza Napoletana wacht über ihre Einhaltung und engagiert sich in der Bewahrung der Tradition.
Die Grundregeln:
- Die Pizza muss rund sein, mit einem maximalen Durchmesser von 35 cm.
- Der Pizzarand (cornicione) muss beim Backen aufgehen und darf nicht verbrannt sein.
- Die Pizza muss weich und wohlriechend sein.
Die internationalen Regeln der Pizza Napoletana gelten für genau zwei Pizza-Sorten: für die Pizza Margherita und die Pizza Marinara. Letztere ist vielleicht die simpelste Pizza-Variation überhaupt und wird ausschließlich mit Tomaten, Knoblauch, Oregano und Olivenöl belegt. Nicht einmal Mozzarella ist auf einer Pizza Marinara erlaubt. Auf eine Pizza Margherita kommt hingegen Mozzarella, Tomaten und Basilikum.
Die Zutaten
Der Teig einer authentischen neapolitanischen Pizza braucht genau vier Zutaten, nicht mehr und nicht weniger. Denn in der Einfachheit liegt die Raffinesse.
Das sind die Zutaten:
- 1 Liter Wasser
- 40 bis 60 g Salz
- Hefe, je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit
- Mehl des Typs 1.600 oder 1.800
Der Verarbeitungsprozess
Selbstverständlich werden die Zutaten nicht einfach nach Belieben zusammengemischt. Auch für die Zusammenführung von Mehl, Hefe und Co gelten strenge Vorgaben.
Wasser, Salz, Hefe, Mehl
Ein echter neapolitanischer Pizza-Bäcker beginnt mit dem Wasser. Das Salz und die Hefe dürfen sich innerhalb der ersten fünf Minuten nicht berühren, um die Hefezellen nicht zu beschädigen. Dem Wasser folgt daher zuerst das Salz und anschließend 10 % des Mehls. Erst dann darf die Hefe mitmischen. Mithilfe eines Mixers wird dann allmählich mehr Mehl dazugegeben, bis ein gleichmäßiger Teig entsteht. Nur die Profis wissen, wie viel Wasser genau das ausgewählte Mehl absorbieren kann, damit der Teig die perfekte Konsistenz erhält.
Die Gärung
Jetzt geht es an die Gärung. Mit einem feuchten Tuch abgedeckt, muss der Teig jetzt ruhen. Wie lange, hängt davon ab, wie hoch die Raumtemperatur und die Luftfeuchtigkeit sind. Danach wird die Teigmasse zunächst in kleine Teigbällchen gerollt, die an Mozzarella erinnern. Diese ruhen nun ein weiteres Mal zwischen 8 und 24 Stunden.
So wird eine Pizza draus
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Anschließend wird der Teig in den geübten Händen des Pizzaiuoli zu der typisch runden Pizza geformt. Dazu wird der Teig in Form gedrückt und etliche Male gewendet und gedreht und kunstvoll durch die Luft gewirbelt. Die drehenden Bewegungen sollen dafür sorgen, den Teig mit Sauerstoff anzureichern, so heißt es. Die Pizza darf nach Ende dieses Schrittes maximal 0,25 cm dick sein.
Der Belag
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Sobald der Teig endlich einer echten neapolitanischen Pizza ähnelt, kommen die Zutaten für den Belag ins Spiel. Diese stammen selbstverständlich aus den Provinzen Kampaniens, zu denen auch Neapel zählt. Per Hand zerstoßene, geschälte oder in Stücken geschnittene Tomaten, gleichmäßig verteilte, zerrissene Mozzarella di Bufala oder Fior di Latte, die mit einer kreisförmigen Handbewegung verteilt werden. Dazu kommen frische Basilikumblätter und kreisförmig gegossenes Olivenöl, extra nativ natürlich.
Ab in den Ofen
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Auch beim letzten Schritt dieses sorgfältig ausgeführten Herstellungsprozesses wird ein neapolitanischer Pizzaiuoli nicht nachlässig. Ein geeigneter holzbefeuerter Ofen wird auf Temperaturen zwischen 430 und 480 °C aufgeheizt. Das Pizza-Kunstwerk wandert für ganze 60 bis 90 Sekunden hinein. Und fertig ist sie: die originale Pizza Napoletana!
Pizza anderswo
Wer schon einmal in Italien unterwegs war, wundert sich jetzt sicher, woher die vielen anderen Varianten der italienischen Pizza – dünn oder dick, rund oder eckig, spärlich oder reich belegt – stammen. Nachdem die Pizza in Neapel erfunden worden war, bekam sie bald Konkurrenz aus anderen Landesteilen. Das Originalrezept, das die Neapolitaner heute für sich patentiert haben, wurde in unzähligen Backstuben überall in Italien neu erfunden.
Piemont: Pizza aus der Pfanne
Eine kleinere, lockerere Variante der italienischen Pizza ist die Pizza al Padellino oder Pizza al Tegamino. Sie stammt aus Turin im Piemont und wird in einer runden Pfanne aus Aluminium oder Eisen im Ofen gebacken. Die Pfanne ist mit Olivenöl bestrichen und sorgt dafür, dass der Pizzaboden von unten schön knusprig wird. Kleiner und dicker als eine Pizza Napoletana, wird dem Teig der Pizza al Padellino eine zweifache Ruhephase gegönnt. Ihre Konsistenz erinnert etwas an eine Focaccia, die in Norditalien besonders beliebt ist.
Rom: Pizza mit allem
Pinsa romana. Quelle: Canva
Auch wer in einer Pizzeria in der italienischen Hauptstadt Pizza bestellt, bekommt nicht das, was ihm in Neapel oder im Piemont serviert werden würde.
Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen römischer und neapolitanischer Pizza ist die Art des Ofens, der für die Zubereitung verwendet wird. Pizza in Rom unterliegt keiner strengen Regulierung. Daher darf die römische Pizza in einem elektrischen oder einem mit Gas betriebenen Ofen gebacken werden, während die neapolitanische Pizza ausschließlich aus dem Holzofen stammt.
Aufgrund der hohen Temperaturen, die im Holzofen herrschen, hat eine neapolitanische Pizza eine Backzeit von rasanten 60 Sekunden. In Rom dauert es ohne Holzofen locker vier Minuten, bis die Pizza gar ist.
Ein weiterer wichtiger Unterschied ist der Einsatz von Öl bei der Teigzubereitung, die in Neapel gänzlich untersagt ist. Der Rand und die Pizza selbst sind zudem häufig dünner als beim neapolitanischen Original.
Die eine römische Pizza gibt es unterdessen nicht. Von der leichten, fluffigen Pizza Al Taglio, über die Vollkorn-Pizza Pinsa Romana bis hin zur mit Olivenöl zubereiteten Pizza Tonda Romana hat der Pizza-Markt der italienischen Hauptstadt alles zu bieten, was sich Pizza-Liebhaber von nah und fern zu erträumen wagen.
Rechteckige Pizza aus Sizilien
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Auf Sizilien im Süden des Landes haben die Pizza-Bäcker über die Generationen eine rechteckige Variation der Pizza mit dicker Kruste entwickelt. Im Gegensatz zur neapolitanischen Pizza muss in Sizilien nicht an Belag gespart werden. Zwiebeln dürfen genauso auf die Pizza gelegt werden wie Sardellen und aromatische Käsesorten wie Caciocavallo oder Toma.
Ähnlich wie in Rom gibt es jedoch keine einzig wahre sizilianische Pizza. Je nachdem, wo auf Sizilien Du Dich sich befindest, sind verschiedene Varianten vorherrschend. In Palermo stolperst Du häufiger über die Pizza Sfincione, eine „weiße“ Variante ohne Tomaten findest Du in Bagheria, in Camporeale gibt es die Pizza Sciavata und in Catania die gefüllte Pizza Scacciata.
Ob Pizza Napoletana, Pizza Pinsa Romana oder Pizza Sfincione: Die Traditionen im Land der Pizza sind reich und vielfältig. Wer jetzt so richtigen Heißhunger bekommen hat, der ist dazu eingeladen, im Piemont, in Rom, in Sizilien oder in Neapel den Künstlern hinter der wohl berühmtesten italienischen Speise über die Schulter zu schauen, und natürlich selbst zu probieren, was die Öfen der Maestros an Köstlichkeiten hervorbringen.